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Die von Hella De Santarossa geschaffene Büste von Walter Sickert, ehem. Parlamentspräsiden, findet ihren Platz in der Galerie oberhalb der Eingangshalle. Dort stehen bereits Büsten früherer Parlamentspräsidenten und mehrerer Politiker der Weimarer Republik Hella Santarossa ehrt Walter Sickert, den ehemaligen Parlamentspräsident von Berlin.
Nach den zahlreichen Ereignissen der letzten Monate, von der Ausstellung "Chlorophyll" zur 52. Biennale in Venedig bis hin zu den Ausstellungen "alleh-hella" in der Galerie Wewerka und der Potsdamer Ausstellung "Chlorophyll II" bei art + life, ist mir dennoch der Schaffensprozeß dieser Bronzebüste, die wir hier heute gemeinsam enthüllen, noch so präsent und unvergesslich, als habe ich sie gestern erst fertig gestellt. Als Herr Momper mit der Anfrage an mich herantrat, ob ich eine Büste von dem ehemaligen Landtagspräsidenten Walter Sickert herstellen würde, habe ich mich über sein ehrenvolles Vertrauen sehr gefreut. Leicht errötet vor Begeisterung lief ich aus der Paris-Bar heraus, wo wir den runden Geburtstag unseres gemeinsamen Freundes, dem Galeristen M.J. Wewerka feierten. Die Angelegenheit war schon fast wieder in Vergessenheit geraten, als mich kurz vor Weihnachten erneut ein Anruf aus dem Abgeordnetenhaus ereilte, ob ich denn nun bereit wäre, eine Bronzebüste unseres Stadtältesten und früheren Präsidenten des Abgeordnetenhauses Herrn Walter Sickert zu machen. Wunderbar, es konnte losgehen! Bis Februar bereitete ich mich also mit zahlreichen Arbeitsproben auf die späteren Sitzungen vor. Um ihn als Modell richtig zu erfassen und zu erleben, wie und wer er ist, robbte ich mich stückweise an die Persönlichkeit Walter Sickert heran. Ich traf ihn und seine Ehefrau in ihrer Wohnung, wir spazierten gemeinsam durch das Abgeordnetenhaus, um die bereits verewigten Büsten zu begutachten und zu überlegen, was wir wollen. Ich war begeistert von Herrn Sickert: Ich begegnete einem positiven, humorvollen und facettenreichen Gegenüber, welches mir auf eindrucksvolle Weise lebendig seine Zeitgeschichte nahe bringen und mich so manches lehren konnte. Im Februar war es dann soweit und Herr Sickert kam zur ersten Sitzung in mein Atelier auf der Nonneninsel in Charlottenburg, welches er bis in die dritte Etage hinauf mutig zu ersteigen hatte. Ich lernte Herrn Sickert als äußerst sympathischen, geselligen Menschen kennen, der zudem stets den coolen Kopf eines hoch erfahrenen Politikers behielt. Ein Politiker, der positiv, humorvoll und weltoffen, einfach - eine leuchtende Persönlichkeit ist. Ich glaube, dass all diese Eindrücke in der Büste auch ihren Ausdruck gefunden haben. Ich danke Ihnen für Ihr großes Vertrauen und vor allem auch für ihren Mut, sich der Direktheit meiner Kunst zu stellen. Ich sehe und lebe das Licht und stelle es dem Betrachter in aufgefächerten Facetten vor. Ich arbeite mit dem Licht, das Lichtjahre von uns entfernt entströmt. |
Feierliche Enthüllung der Büste von Hella De Santarossa für Walter Sickert Parlamentspräsident, Abgeordnetenhaus, Berlin Rede des Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin, Walter Momper, anlässlich der Enthüllung der Büste des ehemaligen Parlamentspräsidenten Walter Sickert am Donnerstag, dem 11. Okt. 2007, 11.00 Uhr, im Festsaal
Wir reihen heute die Bronzebüste von Walter Sickert in unsere Galerie der Skulpturen der ehemaligen Präsidenten dieses Parlaments ein. Sie wird neben den Büsten von Otto Bach, Otto Suhr, Willy Brandt, Peter Lorenz, Jürgen Wohlrabe und Hanna-Renate Laurien einen würdigen Platz finden. Ich freue mich, dass mit Hella De Santarossa eine Berliner Künstlerin von internationalem Rang gewonnen werden konnte, die in ihrer Wahlheimat Berlin schon interessante Spuren gelegt hat. Ein Beispiel, das Sie alle kennen: Am Theodor-Heuss-Platz ragt ihr Blauer Obelisk fünfzehn Meter in den Himmel. Walter Sickert ist im Abgeordnetenhaus nach seinem Ausscheiden aus der aktiven Politik schon oft geehrt worden. Zu seinen markanten Geburtstagen war er als zu ehrender Gast im Hause. Heute ehren wir ihn durch ein außergewöhnliches Kunstobjekt. Walter Sickert kann auf ein ungewöhnliches Leben zurückblicken. Er wurde am 2. Februar 1919 in Hamburg als das sechste von sieben Kindern eines Werkmeisters und Schlossers geboren. Im Gegensatz zu seinem sozialdemokratischen Vater trat er bereits im Alter von neun Jahren der kommunistischen Jugendorganisation "Jung-Spartakusbund" und dem "Kommunistischen Jugendverband" KJVD bei, für den er in der Nazi-Zeit illegal arbeitete. In den Jahren 1934 und 1935 wurde er deshalb für mehrere Monate im Konzentrationslager Hamburg-Fuhlsbüttel inhaftiert. Walter Sickert wurde - wie sein Vater - Schlosser. Ab 1937 fuhr er als Maschinenaspirant zur See. Nach dem Dienst bei der Kriegsmarine und einigen Monaten in englischer Kriegsgefangenschaft gehörte er von Anfang 1946 bis 1947 der Berliner Polizei an - als Streifenpolizist in Buckow. 1948 begann er als Schlosser und Rohrleger bei der GEHAG (Gemeinnützige Heimstätten AG),wurde kurze Zeit später zum Betriebsratsvorsitzenden gewählt und trat 1948 in die SPD ein. Im Nachkriegsberlin schloss er sich der oppositionellen Gewerkschaftsgruppe innerhalb des FDGB an, der "Unabhängigen Gewerkschaftsopposition", der UGO, die die Keimzelle des DGB in den Westsektoren von Berlin wurde. 1954 wurde Walter Sickert Vorsitzender der IG Bau-Steine-Erden und 1960 wählte ihn die DGB-Landesbezirkskonferenz zum Vorsitzenden des DGB-Landesbezirks Berlin. 22 Jahre lang blieb er Vorsitzender des DGB Berlin. 1963 wurde Walter Sickert für die SPD Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses. Von 1964 bis 1967 war er stellv. Vorsitzender der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, von April 1967 bis April 1975 war er Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses, und danach weitere sechs Jahre dessen Vizepräsident. Als Gewerkschaftsvorsitzender war er in der SPD ein politisch wichtiger Faktor. Walter Sickert hat fast gleichzeitig zwei beachtliche Karrieren gemacht: als Gewerkschaftler und als Politiker. Daneben bekleidete er wichtige und einflussreiche Ehrenämter, zum Beispiel als Aufsichtsratsvorsitzender der Neuen Heimat, als Mitglied im Verwaltungsrat der Sparkasse oder im Beirat der Landeszentralbank. Dreizig Jahre lang arbeitete er zudem als Richter beim Bundesarbeitsgericht. Walter Sickerts Reden zu den Freiheitsdemonstrationen am 1. Mai sind legendär. Sie sind heute nur noch verständlich, wenn man sich die bedrohte und gefährdete Situation des freiheitlichen Teils der Stadt nach dem Mauerbau in den Berlin-Krisen von Augen führt. Natürlich sind das Kalte-Kriegs-Reden gewesen. Geprägt sind sie von der Abwehr der Bedrohung der Stadt durch die DDR und die Sowjetunion. Walter Sickert wurde für sein jahrzehntelanges gesellschaftliches Engagement 1979 das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband, 1982 die Ernst-Reuter-Plakette und 1986 die Würde des Stadtältesten von Berlin verliehen. Heute fügen wir den vielen Ehrungen noch eine weitere hinzu. Ich danke Ihnen. |
Vorarbeiten zur Büste von Walter Sickert, ehem. Parlamentspräsident, Abgeordnetenhaus, Berlin |