Der Schöpfungsakt des größten Glasbildes und Kirchenfensters Europas begann mit eimerweise gelber Farbe und endete mit eimerweise Putzwasser. Nachdem Reporter am Vormittag zwei Stunden lang Gelegenheit hatten, die Berliner Künstlerin Hella De Santarossa dabei zu beobachten, wie sie scheinbar unbekümmert gelbe Farbe großzügig auf 120 Quadratmeter Glasplatten verteilte, wollte sich die Künstlerin ungestört ihrer Arbeit widmen. Allein, der Presserummel war dem Großprojekt nicht förderlich: Als die Journalisten aus der Unterföhringer ZDF-Halle wieder abgezogen waren, wurde die Farbe erst einmal wieder abgeschrubbt. Das aufgetragene Gelb stimmte nicht mit dem Entwurf überein - aber auf genau den hatte man sich in einem langwierigen Prozedere mit Architekturbüro, Erzdiözese und Gemeinde geeinigt.
Das große Fenster ist für die neue katholische Kirche St. Florian in der Messestadt Riem bestimmt. Als Entwurf passt das Fenster noch auf ein laminiertes DIN-A3-Blatt: Die Auferstehung nach Santarossa ist lebendiges Goldgelb und Weiß, asymetrisch platziert ist ein weißes Kreuz zu sehen, umgeben von 400 Löchern für Plexiglasstäbe, die später zusätzlich Licht in den Raum leiten werden: Licht spielt in der neuen Kirche, die nach dem Entwurf des Münchner Architekten Florian Nagler gebaut wurde, eine wichtige Rolle; es ist das architektonische. Leitmotiv des Kirchenraums: Während die Fassade der Kirche; die in unmittelbarer Nähe eines Einkaufszentrums steht, recht streng gehalten ist, wirkt die Innenarchitektur umso leichter. "Der Innenraum ist bewusst zurückhaltend gestaltet worden, er soll das Glasbild einrahmen: Auf der einen Seite streng-geometrische Formen, und dann dieses große Kunstwerk; da wird eine ganz eigene Spannung entstehen", erklärt Thomas Neumann vom Architekturbüro Nagler zur architektonischen Bedeutung des Riesen-Fensters.
Wie das "österliche Feuer" des Bildes im Kirchenraum wirken wird, vermag er nur vage zu beschreiben. "Ein Kunstwerk von diesen Ausmaßen hat auch immer etwas Unwägbares, auf das sich ein Architekt einlassen muss." Bereits am 4. Mai, dem Tag des Heiligen Florian, soll der Bau feierlich vom Erzbischof von München und Freising, Kardinal Wetter, eingeweiht werden.: Die Zeit drängt, denn kurz darauf eröffnet die Bundesgartenschau. Baugerüste in Sichtweite der blühenden Gärten soll es bis dahin keine mehr geben. Hella De Santarossa hat nur fünf Tage für ihr Bild, nach dem verzögerten Auftakt sind es sogar nur noch drei. Heute geht es also hochmal von vorne los in Unterföhring, Auferstehung, die zweite.
Süddeutsche Zeitung, Julia Kimmerle, 1.3.2005
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